AUFRUF ZUR PROZESSBEOBACHTUNG
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AUFRUF ZUR PROZESSBEOBACHTUNG
_Zeit: Montag, 17. Februar 2014; 10:30 Uhr_
_Ort: Amtsgericht Tiergarten, Kirchstraße 6, 10557 Berlin, Raum: 3007_
Berlin, 03.02.2014: Die Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt
und der Migrationsrat Berlin-Brandenburg rufen zur Prozessbeobachtung
und Solidarität gegen rassistische Polizeipraktiken in Berlin auf.
Am 21. März 2012 ist Frau Eliana B. auf dem Weg, ihre siebenjährige
Tochter zur Schule zu bringen. Sie schiebt ihr Fahrrad, auf dem
Gepäckträger sitzt ihre Tochter. Frau B. wird von einem Mann
angehalten und darauf aufmerksam gemacht, dass ihre Tochter nicht auf
dem Gepäckträger sitzen dürfe. Frau B. lässt die Tochter absteigen
und will ihren Weg fortsetzen, um pünktlich zum Unterrichtsbeginn in
der Schule zu sein. Doch der Mann hindert sie daran, indem er sie an
ihrer Hand festhält, diese kräftig und für sie schmerzhaft auf den
Fahrradlenker drückt und sie zudem fragt, woher sie komme. Aufgrund
ihres Akzents geht der Mann vermutlich davon aus, dass sie keine
„Deutsche" ist. Es kommt zu einem erregten Wortwechsel, Frau B. ruft
um Hilfe, sie sieht sich diskriminiert und rassistisch beleidigt. Für
Frau B. ist nicht ersichtlich, weshalb der Mann sie am Weitergehen
hindert. Sie schafft es schließlich, ihre Hand zu lösen und ihre
Tochter verspätet zur Schule zu bringen. In der Schule erklärt sie den
Grund für ihre Verspätung, trifft aber nur auf Unverständnis seitens
der Lehrerin. Der Mann, der Frau B. angehalten hatte, sucht später die
Schule auf. Erst dort gibt er sich als Polizeibeamter zu erkennen und
holt die Tochter von Frau B., ohne deren Kenntnis und Erlaubnis, aus
dem
Unterricht, um sie im Beisein der Lehrerin zu befragen. Erst als Frau
B.s Tochter ihrer Mutter davon berichtet, wird Frau B. klar, dass es
sich bei dem Mann, der sie am Morgen festgehalten hatte, um einen
Polizeibeamten handelte.
Im weiteren Verlauf muss das siebenjährige Mädchen die Schule
wechseln, da sich diese Polizeimaßnahme sehr zum Nachteil für sie
auswirkte.
Obwohl sich der Polizeibeamte, nicht als solcher zu erkennen gab und
Frau B. an der Hand verletzte, kam Frau B. seinen Anordnungen nach und
ließ ihre Tochter sofort absteigen. Dennoch muss sie sich jetzt wegen
„Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte" und „Körperverletzung" vor
Gericht verantworten.
„Diese Vorgehensweise der Polizei begegnet uns in unserer Arbeit
immer wieder", berichtet Biplab Basu von der Kampagne für Opfer
rassistischer Polizeigewalt, „Menschen, die Opfer von rassistischem
Handeln der Polizei werden, werden als Täter_innen angeklagt und somit
kriminalisiert. Diese Vorgehensweise des Polizeibeamten ist völlig
inakzeptabel."
Die Befragung von Kindern durch die Polizei ohne das Beisein und die
Einverständniserklärung ihrer Erziehungsberechtigten ist ein klarer
Verstoß gegen geltendes Polizeirecht und andere rechtsstaatliche
Prinzipien. Die polizeiliche Maßnahme, ein Kind wegen einer
geringfügigen Verkehrswidrigkeit aus dem Schulunterricht zu holen und
zu befragen, verstößt zudem gegen den Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit.
„Mit zunehmender Sorge beobachten wir seit einigen Jahren, die
Vermischung von polizeilichen Ordnungsaufgaben und pädagogischem
Handeln in Schulen", kritisiert Angelina Weinbender vom Migrationsrat,
"Die Befragung der kleinen Tochter von Frau B. zeigt deutlich, dass von
Polizeibeamt_innen kein kompetentes pädagogisches Handeln zu erwarten
ist und lässt uns zudem auch an den pädagogischen Fähigkeiten der
Berliner Lehrkräften zweifeln."
Ansprechpartner:
Biplab Basu
Reach Out/ Ariba e.V. & KOP
Tel.: 030/ 695 683 44
0179/ 544 17 90
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [1]
Die Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt/ KOP dokumentiert
seit dem Jahr 2000 in einer Chronik die Misshandlungen, Verletzungen,
Bedrohungen und Schikanen der Berliner Polizei gegenüber Migrant_innen
und People of Color.
Der Migrationsrat Berlin - Brandenburg ist eine bundesweit einmalige
Dachorganisation von über siebzig Migrant_innen-Selbstorganisationen,
die sich jenseits von Merkmalen wie Herkunft, Religion, Geschlecht oder
sexueller Orientierung als politische Interessenvertretung organisiert
haben. Ziel ist die völlige rechtliche, soziale und politische
Gleichstellung und Teilhabe von Migrant_innen, ihren Nachfahren und
anderen People of Color
--
Angelina Weinbender
Geschäftskoordination
Migrationsrat Berlin-Brandenburg e. V.
Oranienstr. 34, 10999 Berlin
Tel.: +49(30) 616 587 55
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!